Frag den Staat

Kapitel 2.11

FragDenStaat

Das Projekt

In einer Demokratie ist es notwendig, dass sich Bürger:innen frei über Regierungshandeln informieren können. Mit dem Informationsfreiheitsgesetz hat jede Person das Recht, Dokumente bei Behörden anzufragen. Mit der Online-Plattform FragDenStaat unterstützen wir Bürger:innen dabei, ihr Recht auf Zugang zu Informationen von deutschen Behörden wahrzunehmen. Bürger:innen müssen sich nicht mehr durch den Gesetzesdschungel der Bundesländer und des Bundes arbeiten, um eine Anfrage zu stellen. Anfragen und Antworten erscheinen transparent online. Schon im Jahr der Gründung des Projekts hat sich die Anzahl der Informationsanfragen in Deutschland verdoppelt. FragDenStaat ist aber nicht nur eine Software – wir wollen die Informationsfreiheit als solche in Deutschland nach vorne bringen. Hierzu entwickeln wir eigene Kampagnen, unternehmen eigene Recherchen, entwickeln ein Transparenzranking und führen Klagen durch.

Was ist 2023 passiert?

Ressourcen

Laufzeit

Das Projekt läuft seit August 2011.

Budget

2023
Einnahmen: 1.598.271 €
Ausgaben: 834.666 €
davon Personalausgaben: 656.499 €
davon Sachausgaben: 178.167 €

2022
Einnahmen: 1.542.771 €
Ausgaben: 810.164 €
davon Personalausgaben: 543.181 €
davon Sachausgaben: 266.983 €

Personal

Projektleitung: Arne Semsrott
Entwickler:innen: Stefan Wehrmeyer, Kara Engelhardt, Denis Witt, Max Kronmüller
Head of Operations: Judith Doleschal
Öffentlichkeitsarbeit: Leonie Gehrke, Isa Lachmann, Monica Phương Thúy Nguyễn, Lea Pfau, Thomas Babyesiza
Lega-Team: Hannah Vos, Vivian Kube, Sebastian Sudrow, Philipp Schönberger mit Rechtsreferendar:innen Lara Grünberg, Manja Hauschild, Lennart Lagmöller
Investigativ-Team: Vera Deleja-Hotko, Aiko Kempen, Sabrina Winter
EU Büro: Luisa Izuzquiza, Gaby Jeliazkov mit studentischer Hilfskraft: Melek Bazgan
Bundesfreiwilligendienstleistende: Tiziana Saab, Tasha Akimi, Amata Iman Nisrin Pommeranz

Ehrenamtliche Arbeit

ca. 400 h durch unsere fünf Moderator:innen sowie das ehrenamtliche Legal-Team mit sieben jungen Jurist:innen

Partner:innen

Sea-Watch, foodwatch, Pro Asyl, Campact, Mehr Demokratie, Gesellschaft für Freiheitsrechte, Deutsche Gesellschaft für Informationsfreiheit, Reporter ohne Grenzen, Chaos Computer Club, netzwerk recherche, Access Info, abgeordnetenwatch.de

Förderung

Spenden, Alfred Landecker Foundation, Luminate, Arcadia, Schöpflin Stiftung, European Climate Foundation, Wikimedia, sonstige

Inhaltliche Schwerpunkte

FragDenStaat wächst und entwickelt sich ständig weiter. Aktuelle Krisen und Konflikte zeigen, dass weder Demokratie noch der Zugang zu Informationen selbstverständlich sind. Deshalb kämpfen wir mit verschiedenen Mitteln für die Informationsfreiheit:

Mit unserem neuen Rechtshilfefonds Gegenrechtsschutz schützen wir den öffentlichen Diskurs vor Angriffe von rechts. Seit Juni 2023 konnten wir bereits mehrere Betroffene unterstützen. Daneben haben wir uns mit unserer Whistleblowing-Kampagne „See something, say something!“ direkt an Frontex-Mitarbeitende gewandt, online wie offline, und sie aufgefordert, Missstände zu melden. Denn Menschenrechtsverletzungen sind an den EU-Außengrenzen zur Norm geworden und in der Öffentlichkeit streitet Frontex routinemäßig jedes Fehlverhalten ab. Mitarbeiter:innen können sich nun vertrauensvoll an uns wenden. Andere Dokumente, die eigentlich nicht veröffentlicht werden dürfen, hat unser Chefredakteur Arne trotzdem publik gemacht: Die Gerichtsbeschlüsse aus laufenden Strafverfahren gegen Mitglieder der Letzten Generation. Ob dieses Verbot noch zeitgemäß ist, müssen nun die Gerichte klären. Wir sind überzeugt: Für die Pressefreiheit und eine informierte öffentliche Debatte müssen solche Dokumente transparent sein!

Da es bisher wenig frei zugängliche rechtswissenschaftliche Literatur im Bereich der Informationsfreiheit gab, hat es sich unser Legal-Team zur Aufgabe gemacht, dies zu ändern und das „Handbuch Informationsfreiheitsrecht“ herausgegeben! Darin können auch Nicht-Jurist:innen verständliche Hilfe für ihre IFG-Anfragen erhalten. Ein weiteres Highlight waren gleich zwei Klagen vor dem Europäischen Gericht in Luxemburg.

Unser Investigativ-Team konnte erneut mit dem ZDF Magazin Royale kooperieren und gemeinsam den gesamten Verlauf der rechtsextremen Chatgruppe „Itiotentreff“ von Frankfurter Polizisten veröffentlichen. In einer weiteren Folge konnten wir gemeinsam zeigen, wie eine kaum bekannte Organisation, das ICMPD, fernab der öffentlichen Kontrolle die europäische Migrationspolitik mitgestaltet.

Auch von der Plattform gibt es Neuigkeiten. Kara hat im vergangenen Jahr die Leitung des Tech-Teams von Stefan übernommen, der jetzt für strategische Projekte verantwortlich ist. Und mit Denis haben wir auch einen neuen Sys-Admin gefunden, der uns seit Oktober tatkräftig unterstützt. Auch inhaltlich ist einiges passiert: Zivilgesellschaftliche Organisationen haben endlich eine bessere Sichtbarkeit auf FragDenStaat. Auf eigenen Profilen werden alle zugehörigen User:innen und gestellte IFG-Anfragen der Organisationen dargestellt. So kann verfolgt werden, für welche Dokumente sich beispielsweise Sea-Watch gerade interessiert. Neue Anfragen der Organisationen können per RSS-Feed abonniert werden. Mit der Veröffentlichung des Gemeinsamen Ministerialblatts (GMBl) haben wir außerdem einen sehr großen Dokumentenschatz gehoben. Das GMBl wird seit 1950 von Ministerien dazu genutzt, ihre neuen untergesetzlichen Regelungen – also z. B. Verwaltungsvorschriften, Verordnungen, Richtlinien oder Erlasse – bekannt zu machen. Doch musste man bislang für den Zugang zahlen. Wir finden das nicht richtig und stellen alle 2713 Ausgaben im Rahmen der FragDenStaat-Bibliothek zur Verfügung.

Wirkung

Output

  • Anfragen gesamt: 28.436 (VJ:29.250)

  • Aktive Nutzende gesamt: 123.267 (VJ:117013)

  • Seitenansichten: 7 Millionen

  • gewonnene Klagen: 18 (VJ:16)

  • Mit dem Gegenrechtsschutz schützen wir den öffentlichen Diskurs gegen Angriffe von rechts und unterstützen Betroffene in juristischen Auseinandersetzungen, zwei Sendungen gemeinsam mit dem ZDF Magazin Royale sowie weitere neue Medienkooperationen, die zweite FragDenStaat-Zeitung, 84 Artikel im Blog veröffentlicht, ein „Handbuch Informationsfreiheitsrecht“ herausgebracht

  • Für die FragDenStaat-Bibliothek befreien wir öffentliche Informationen von Bezahlschranken und machen sie für alle systematisch zugänglich.

  • Veröffentlichung des neuen FragDenStaat-Songs „Fragen Klagen Haben“ und Vortrag beim Hackerkongress 37c3

Outcome

Mit unserem neuen „Handbuch Informationsfreiheitsrecht“ und unsere FragDenStaat-Summer-School konnten wir Campaigner:innen aber auch jede:n Nutzer:in unserer Plattform weiter befähigen IFG-Anfragen effektiv für Recherchen zu nutzen und gegen mauernde Behörden vorzugehen. Die Teilnehmenden werden wiederum zu Multiplikatoren. Durch die neue Website für NGOs wird diese Arbeit auch sichtbar. Gewonnene Klagen haben zu Grundsatzurteilen geführt. Und mit dem Gegenrechtsschutz schufen wir neue Wege, für freie Informationen zu kämpfen. FragDenStaat wird immer mehr als vertrauensvolles Medium und starker Partner für gemeinsame Recherchen, aber auch für Hinweisgeber:innen wahrgenommen. Die erhöhte Reichweite durch spannende Veröffentlichungen und Aktionen führten auch zu neuen Interessierten und erhöhten Spendeneinnahmen.

Impact

Ein durch Informationsfreiheit transparenter Staat stärkt Partizipation und erhöht die Qualität politischer Prozesse. Unsere Kampagnen ermutigen Menschen dazu, selbst Anfragen zu stellen. Dadurch wird Informationsfreiheit in Deutschland bekannter. Mit unseren Klagen erstreiten wir wegweisende Urteile und sorgen dafür, dass das Recht auf Informationsfreiheit effektiv durchgesetzt wird. Außerdem decken wir mit unseren investigativen Recherchen immer wieder Missstände auf und stoßen politische Veränderungen an. So hat die Recherche zur rechtsextremen Chatgruppe „Itiotentreff“ von Frankfurter Polizisten und der Veröffentlichung des gesamten Chatverlaufs erstmals erfassbar gemacht, was es heißt, wenn von rechtsextremen Polizeichats die Rede ist. Die Veröffentlichung der Gerichtsbeschlüsse aus laufenden Strafverfahren gegen Mitglieder der Letzten Generation durch unseren Chefredakteur Arne Semsrott machen Druck auf das Justizministerium, den veralteten Paragraphen 353 d Nr. 3 StGB abzuschaffen. Aus unserer Sicht ist die Strafnorm verfassungswidrig und verstößt gegen die Pressefreiheit.

Evaluation

Maßnahmen werden regelmäßig intern evaluiert. Auf dem Blog und via Newsletter berichtet FragDenStaat ständig. Die Metriken zur Nutzung von FragDenStaat.de sind jederzeit über Matomo einsehbar.

Ausblick

Ein paar unserer Themen des vergangenen Jahres werden uns auch 2024 weiter beschäftigen: Mit dem Gegenrechtsschutz werden wir weiter mit juristischer Expertise gegen Einschüchterungsversuche von rechts reagieren, mit dem Koalitionstracker die Arbeit der Ampel beleuchten und auch erneut für die Veröffentlichung von Abschlussprüfungen durch die Bundesländer kämpfen. Außerdem freuen wir uns auf unsere dritte Summer School und wie immer viele Investigativ-Recherchen und Klagen.





Was ist 2023 passiert?