Kapitel 2.13
Prototype Fund
Das Projekt
Der ➠Prototype Fund erforscht und fördert Public-Interest-Tech-Projekte aus der Gesellschaft für die Gesellschaft. Die stetig wachsende Bedeutung von Technologien, Algorithmen und Daten verlangt einen aufgeklärten und selbstbestimmten Umgang der Nutzer:innen mit diesen. Darüber hinaus ist es wichtig, innovative Technologien nicht (nur) im Interesse der Wirtschaftlichkeit zu entwickeln, sondern sie (auch) in den Dienst der Gesellschaft zu stellen. Deswegen sind mehr als gute, anwendungsfreundliche Werkzeuge nötig – wir brauchen auch nachhaltige technische und kommunikative Infrastrukturen, die dazu beitragen, Bürger:innen- und Freiheitsrechte zu wahren. 2016 hat die OKF daher zusammen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung den Prototype Fund als speziellen Förderfonds ins Leben gerufen, der sich an Einzelpersonen und kleine Teams richtet, die auf Basis konkreter Bedürfnisse Open-Source-Software entwickeln. Durch die Veröffentlichung des Programmcodes können andere an den Ergebnissen teilhaben und sie weiterverwerten.
Was ist 2023 passiert?
Ressourcen
Laufzeit
Das Projekt startete im Mai 2016 und läuft bis April 2025.
Budget
2023
Einnahmen: 423.076 €
Ausgaben: 423.076 €
davon Personalausgaben: 279.255 €
davon Sachausgaben: 143.820 €
2022
Einnahmen: 387.942 €
Ausgaben: 397.013 €
davon Personalausgaben: 259.720 €
davon Sachausgaben: 137.293 €
Personal
Projektleitung: Patricia Leu, Marie Kreil | Begleitforschung: Sophia Schulze Schleithoff | Kommunikation: Joram Schwartzmann, Paul Robben | Studentische Hilfskraft und Projektbetreuung: Francesca Giacco, Studentische Hilfskraft und Kommunikation: Felizitas Fauther | Controlling: Petra Bálint | Technische Administration: Gregor Gilka
Förderung
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Projektträger ist das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.
Inhaltliche Schwerpunkte
Wie bereits in den Jahren zuvor fanden im Jahr 2023 zwei themenoffene Förderrunden statt. In einer umfassenden ➠Evaluation wurde der Prototype Fund durch die Technopolis Group auf seine Wirksamkeit untersucht. Dabei wurde die Fördermaßnahme als effektives Förderinstrument des Bundesministeriums für Bildung und Forschung eingestuft. Außerdem wurden im Rahmen der Begleitforschung zwei Trendberichte zu aktuellen Themen veröffentlicht.
Output
Zu Beginn des Jahres 2023 stellten sich die Projekte der 12. Förderrunde Prototype Fund auf ihrem ➠Demo Day vor. Am 28. Februar kamen rund 130 Teilnehmende in Berlin zusammen und konnten die Ergebnisse der Projektarbeit erleben. Neben Vorträgen, Panels und Live-Demos hielt Elina Eickstädt, Mitglied des CCC sowie Sprecherin des Bündnis Chatkontrolle Stoppen!, eine Keynote zum Thema Datensicherheit als grundlegendern Teil von Software-Entwicklung. Die Veranstaltung wurde in Form eines ➠Videos und einer ➠Fotogalerie sowie durch Beiträge in den sozialen Medien dokumentiert.
Am 1. März 2023 fand der Kick-Off-Workshop der ➠13. Förderrunde statt. Die 23 Förderprojekte wurden durch das Team des Prototype Fund, Vertreter:innen des DLR Projektträger, das den Prototype Fund als Projektträger gemeinsam mit der OKF betreut, auf die anstehende Umsetzungsphase vorbereitet.
Parallel dazu fand die Bewerbungsphase für die 14. Förderrunde vom 1. Februar bis zum 31. März statt. Bewerber:innen konnten Projekte zu den vier Fördersäulen Civic Tech, Data Literacy, Software-Infrastruktur und Datensicherheit einreichen. Der begleitende Trendreport untersuchte, wie digitale Gesundheitstechnologien einen Beitrag zu Autonomie und Teilhabe leisten können und welche Rolle Open Source dabei spielt. Für die 14. Förderrunde gingen 262 gültige Bewerbungen ein, davon wurden 59 % von Teams eingereicht. Unter den Bewerbungen konnte ein Anstieg rund um das Thema Künstliche Intelligenz beobachtet werden.
Am 1. September 2023 fand der zweite ➠Demo Day 2023 statt. Rund 120 Teilnehmer:innen kamen im bUm in Berlin zusammen und erlebten die Ergebnisse der 23 Projekte der 13. Förderphase in der Form von Vorträgen, thematischen Panels und Live-Demos. Zusätzlich wurde den Teilnehmenden eine Keynote von Dr. Irmhild Rogalla, Leiterin des Instituts für Digitale Teilhabe an der Hochschule Bremen und Jurymitglied des Prototype Fund, geboten. In ihrem Vortrag „Digitale Barrierefreiheit und FOSS – die drei großen Herausforderungen“ zeigte sie auf, was es braucht, um die digitale Teilhabe von Menschen mit Beeinträchtigungen zu fördern – und woran dies bei Open-Source-Software aktuell noch hakt. Die Veranstaltung wurde durch Beiträge in sozialen Medien und in der Form eines ➠Videos sowie einer ➠Fotogalerie dokumentiert. Die Kick-Off-Veranstaltung zur ➠14. Förderrunde fand am 31. August 2023 in Berlin statt. Dort bereiteten das Team Prototype Fund und Vertreter:innen des DLR Projektträger die 24 Projekte auf die anstehende Umsetzungsphase vor.
Die Bewerbungsphase für die 15. Förderrunde lief vom 1. August bis zum 30. September. In dieser Zeit gingen 209 gültige Bewerbungen ein, von denen 47 % von Teams eingereicht wurden. Zentrale Themen, die besonders häufig genannt wurden, waren Softwarelösungen für das Erlernen von Sprachen, Erneuerbare Energien, Künstliche Intelligenz sowie Chatbots. Die Einreichungen ordneten sich wie folgt den thematischen Schwerpunkten zu: 49 % zählten zu Civic Tech, 25 % zu Software-Infrastruktur, 21 % zu Data Literacy und 5 % zu IT-Sicherheit. Der zweite Trendforschungsbericht 2023 wurde diesmal losgelöst von der Bewerbungsphase im Oktober veröffentlicht und untersuchte die Verbindung von digitaler Barrierefreiheit zu Open-Source-Software.
Der im Jahr 2020 gestartete ➠Public Interest Podcast veröffentlichte drei neue Staffeln zu den Themen Menschen rund um Public Interest Tech,* Up and Coming* sowie Open Source und Barrierefreiheit. Der Prototype Fund war auf mehreren Community-Events, darunter dem Chaos Communication Camp 2023 und dem 37. Chaos Communication Congress vertreten und organisierte unter anderem Community-Meetups sowie Meet-the-Funders-Treffen gemeinsam mit der nlNet-Foundation und dem Sovereign Tech Fund.
Outcome
Ziel des Prototype Fund ist es, durch die Förderung von Softwareprojekten im Gemeininteresse das gesellschaftliche Potenzial von Technologie zu stärken. Die Geförderten können neue Kompetenzen (z. B. in den Bereichen UX-/UI-Design, Security, Projekt- oder Teammanagement etc.) entwickeln. Außerdem haben sie die Möglichkeit, eine Community aus Open-Source-Entwickler:innen aufzubauen oder zu stärken, die ihre Fähigkeiten und Ressourcen in den Dienst der Gesellschaft stellt. Das Programm zeigt, wie eine niedrigschwellige Projektförderung funktionieren kann. Häufig forschen und arbeiten Menschen in diesem Bereich ehrenamtlich und/oder in ihrer Freizeit und werden von klassischen öffentlichen Fördermaßnahmen nicht erreicht, da sich diese in der Regel an Unternehmen, Forschungseinrichtungen oder andere Institutionen richten. Ein großer Teil des digitalen Ehrenamts wird jedoch von Einzelpersonen und kleinen interdisziplinären Teams geleistet. Weil diese durch Förderprogramme oft nicht erreicht werden, können sie ihre Projekte nicht immer konzentriert verfolgen und ihr volles Innovationspotenzial entfalten. Damit überlassen wir als Gesellschaft digitale Angebote den großen Konzernen und profitorientierter Forschung, fördern das Sammeln teilweise kritischer Daten und erhalten proprietäre statt offene Lösungen. Der Bedarf an Alternativen ist entsprechend groß.
Die Technopolis Group bewertete im Jahr 2023 den Prototype Fund als grundsätzlich wirksame und effektive Fördermaßnahme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Durch die zentralen Stärken des Prototype Fund, insbesondere den außergewöhnlich niedrigschwelligen Bewerbungsprozess, würden gemeinnützige Projektideen angeschoben. Alleinstellungsmerkmal des Prototype Fund sei dabei die breite „Early-Stage“-Förderung von Open-Source-Projektideen. Der Prototype Fund trüge so zu einer Stärkung des Open-Source-Ökosystems bei. Dies sei auch erreicht worden, weil der Prototype Fund als lernendes Projekt angelegt ist und so beständig verbessert würde. Er diene als wichtiges Signal für die gesellschaftliche Relevanz von Open-Source-Software.
Impact
Durch den Prototype Fund können Technologien nutzer:innenfreundlich und sicher entwickelt werden. Soziales Engagement von freien Softwareentwickler:innen wird nachhaltiger unterstützt. Hürden in der deutschen Förderlandschaft werden abgebaut und auch für das digitale Ehrenamt geöffnet, denn der Prototype Fund fördert Civic-Tech-Projekte und kleine Teams sowie technische Infrastruktur – mit gesellschaftlichen, nicht wirtschaftlichen Interessen an erster Stelle.
Evaluation
Als Forschungsprojekt untersucht der Prototype Fund, wie öffentliche Förderprogramme niedrigschwellig gestaltet und so für neue Zielgruppen zugänglich gemacht werden können. Für die Beantwortung dieser Frage findet eine kontinuierliche Evaluation aller Förderrunden statt. Deren Ergebnisse in Bezug auf Outreach-Maßnahmen, den Bewerbungs- und Auswahlprozess sowie die Umsetzungsphase werden in zweimal jährlich erscheinenden Evaluationsberichten (➠1, ➠2) aufbereitet und der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse dienen als Grundlage dafür, den Prototype Fund von Runde zu Runde zu verbessern. 2023 wurde ein besonderer Schwerpunkt auf den Abbau digitaler Barrieren gelegt, was insbesondere eine umfassende Überarbeitung der Projektwebseite beinhaltete.
Die umfassende Untersuchung der Technopolis Group des Prototype Fund stellte im Jahr 2023 die grundlegende Effektivität der Fördermaßnahme fest: Empfohlen wurden insbesondere die Beibehaltung der zentralen Stärken des Prototype Fund. Diese bestünden aus dem niedrigschwelligen Bewerbungsprozess, der Veranlagung als lernendes Projekt und dem Beitrag zum FOSS-Ökosystem. Die Ergebnisse wurden in einem externen ➠Evaluationsbericht veröffentlicht.
Ausblick
Im April 2025 läuft das bisherige Förderprogramm aus, eine Verlängerung wird jedoch angestrebt. Diese soll die Empfehlungen der durch die Technopolis Group durchgeführten Evaluation berücksichtigen. Zeitgleich wird im Jahr 2024 ein großes Abschlussevent für den Prototype Fund in der bisherigen Form geplant, welches Ende März 2025 stattfinden wird. Das Programm legt besonderen Wert darauf, mit jedem Call neue Zielgruppen anzusprechen und die Gruppe der Bewerber:innen weiter zu diversifizieren. Ein wichtiges Ziel für die Zukunft ist, die Geförderten verstärkt dabei zu unterstützen, ihre Projekte auch über die Förderzeit hinaus nachhaltig erfolgreich zu machen, ohne den Freiraum der Projektideen zu stark einzuengen.
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Das Problem
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Digitale Innovation nutzt häufig nur wenigen und nicht der breiten Gesellschaft.
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Technologien im Interesse des Gemeinwohls erhalten wenig finanzielle Förderung.
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Mögliche Ursachen
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Mangelnde Ressourcen,
Digitales Ehrenamt ist ressourcenintensiv, wird jedoch kaum gesehen, anerkannt oder finanziert. Das Entwickeln neuer Technologien erfolgt deshalb oft im Interesse von Wirtschaftlichkeit oder Datenverwertbarkeit.
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fehlende Netzwerke
Es gibt für gemeinwohlorientierte Technologieentwicklung kaum Netzwerke, die sich für eine Verbesserung der Situation einsetzen können.
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und die Dominanz großer Unternehmen
Welche technologischen Innovationen gefördert werden, bestimmen derzeit große internationale Konzerne oder Kapitalgeber. Dabei liegt oftmals die Expertise darüber, welche Entwicklungen wirklich benötigt werden oder welche Innovationen der Skalierung bedürfen, in der Gesellschaft – diese wird aber nicht einbezogen und zu wenig gefördert.
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führen dazu, dass
digitale Innovation im Dienst der Gesellschaft in Deutschland kaum stattfindet.
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Lösungsansatz
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niedrigschwellige Förderung,
Mit einem einfachen Bewerbungsprozess und einem niedrigschwelligen Förderverfahren zeigen wir, dass die Förderung digitaler Innovationen aus der Gesellschaft möglich und wünschenswert ist.
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Kompetenzaufbau
Coachings in den Bereichen User Experience/User Interface, Security, Projektmanagement, Unternehmensgründung sowie zu freien Themen vermitteln der Open-Source-Community Wissen, das auch bei der Umsetzung weiterer Projekte nützlich sein kann.
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und Sichtbarkeit
(Kleine) Projekte und Prototypen erhalten durch die finanzielle Förderung des BMBF mehr Sichtbarkeit – über die Website des Prototype Fund, Medien, Konferenzen und andere Veranstaltungen sowie aktive Vernetzungsarbeit.
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Angestrebte Wirkung
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auf Förder:innen,
Mehr Fördermittel werden Einzelpersonen und kleinen Teams mit niedrigschwelligen Verfahren bereitgestellt.
Die Bereitschaft, prototypische Projekte mit kleineren Summen zu fördern, steigt.
Das Programm bekommt eine Vorbildwirkung für weitere künftige Förderprogramme.
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auf Entwickler:innen,
Innovative Ideen werden schneller getestet und Förderungen werden als realistische Möglichkeit angesehen, Projekte umzusetzen.
Open Source, User Experience Design und Public Interest Tech werden als Konzepte weiterverbreitet.
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auf die Gesellschaft
Digitales Ehrenamt und die digitale Zivilgesellschaft als Ganzes erfährt mehr Beachtung und Anerkennung.
Es entstehen mehr Tools, Angebote und Infrastruktur für eine souveräne, digital handlungsfähige und informierte Gesellschaft.
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